Inhalt
Jerry Rothwells Film erzählt von der Erfahrungswelt von fünf jungen Menschen aus vier Kontinenten, die von Autismus-Spektrum-Störungen betroffen sind. Gemeinsam ist Amrit aus Indien, Joss aus Großbritannien, Jestina aus Sierra Leone sowie Emma und Ben aus den USA, dass sie verbal so gut wie nicht kommunizieren können. Im Film berichten ihre Eltern von ihrem Alltag mit den Betroffenen, wobei ihre liebevolle Fürsorge ebenso sichtbar wird wie Schwierigkeiten im täglichen Umgang. Eingeschoben sind Bildfolgen mit einem stummen japanischen Jungdarsteller, der durch einsame Landschaften streift. Dazu trägt eine Stimme in der ersten Person aus dem Off Auszüge des Buches "Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann" (2007) vor, das der Japaner Naoki Higashida im Alter von 13 Jahren über seine Erfahrungen mit seiner Autismus-Spektrum-Störung schrieb. Trotz gegenteiliger Prognose der Ärzte lernte er – mit Hilfe einer Alphabet-Tafel – zu kommunizieren.
Umsetzung
Das Buch Higashidas gibt einen anrührenden Einblick in die Wahrnehmungswelt eines autistischen Jungen, die neurotypischen Personen – also Menschen mit "normaler" neurologischer Entwicklung – üblicherweise verschlossen bleibt. Es inspirierte Regisseur Jerry Rothwell zu einer sehr freien Adaption, die akustische Buchauszüge mit Porträts anderer junger Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung in einer alternierenden Montage kombiniert. Als zusätzlicher Wegweiser fungiert dabei Autor David Mitchell, der Higashidas Buch 2013 ins Englische übersetzt hat. Mitchell und seine Frau Keiko Yoshida konnten erst durch Higashidas Beschreibungen das Verhalten ihres eigenen autistischen Sohnes besser verstehen. Der Film versucht mit teils experimentellen Kombinationen aus Detailaufnahmen, Sound-Collagen, Lichteffekten und assoziativen Bildfolgen, visuelle und akustische Analogien für die verwirrenden Sinneseindrücke von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zu kreieren. Dabei wird klar, wie sich die Erfahrungswelten der fünf Porträtierten ähneln und wie stark diese unter Ausgrenzung und Diskriminierung leiden.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Die poetische Bildsprache des Films lehnt sich an Higashidas Beschreibungen einer visuellen Welt an, in der dieser zunächst die Details und erst danach das Gesamtbild erfasst und sich deshalb die Welt wie bei einem Puzzle Stück für Stück zusammensetzen muss. Im Filmgespräch können die Schülerinnen und Schüler diskutieren, ob diese Gestaltungsform ihnen hilft, Realitätserfahrungen jenseits des neurotypischen Standards nachzuvollziehen und sich in die Wahrnehmungswelt von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen hineinzuversetzen. Daran anknüpfend liegt es nahe, im Unterricht zu ergründen, warum solche Menschen früher ausgegrenzt und in geschlossene Einrichtungen abgeschoben wurden. Zudem können die Schülerinnen und Schüler erörtern, inwiefern Betroffene noch heute unter Stigmatisierung leiden. Ferner könnten unbewusste wie bewusste Mechanismen der Ausgrenzung von Individuen und Gruppen reflektiert werden.