Inhalt
Der Dokumentarfilm begleitet über ein Jahr hinweg den Alltag einer Wohngruppe für Kinder, deren Eltern ihrer Fürsorgepflicht nicht mehr nachkommen können. Im Mittelpunkt stehen fünf Kinder sowie die drei Erzieherinnen und Erzieher Antje Wagner, Max Gerecke und Sören Wagner. Sie schaffen für die Kinder einen Ort der Geborgenheit, der Unterstützung und der Nähe – und bewegen sich dabei im Spannungsfeld zwischen behördlicher Bürokratie und echter menschlicher Fürsorge. Gemeinsam mit den Kindern setzen sie sich für eine Rückkehr in die Herkunftsfamilien ein. Die Kinder sehnen sich nach Liebe und Zugehörigkeit, werden jedoch zugleich mit Ablehnung, Diskriminierung – darunter auch rassistische Erfahrungen – und Überforderung konfrontiert. Der Film zeigt eindrucksvoll die komplexe Care-Arbeit der Betreuenden im Zusammenspiel mit Jugendamt, Schule, Psychiatrie und Herkunftsfamilien – ein Alltag voller emotionaler und organisatorischer Herausforderungen, getragen von Engagement und Empathie.
Umsetzung
IM PRINZIP FAMILIE entfaltet seine Wirkung durch eine ruhige, beobachtende Erzählweise. Die Kameraarbeit wechselt zwischen zurückhaltender Distanz und eindringlicher Nähe: Insbesondere Close-Ups auf Gesichter lassen Emotionen sichtbar werden und machen die seelische Anstrengung der Care-Arbeit erfahrbar. Eine zweite Erzählebene entsteht durch sachlich eingesprochene Dienstberichte der betreuenden Personen im Off. Sie kontrastieren die warmen Bilder und verweisen auf die strukturellen Zumutungen des Systems. Die reduzierte, realistische Bildgestaltung nutzt idyllische Naturkulissen als visuelle Gegenpole zum betreuten Alltag. Alltagsgeräusche und ein zurückhaltender Pop-Soundtrack verstärken atmosphärisch die innere Spannung der Szenen, ohne sie zu überhöhen. Voyeuristische Perspektiven werden dabei bewusst gemieden. Der Film wahrt eine respektvolle Distanz – und schafft gerade dadurch emotionale Nähe.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Der Film lädt Schülerinnen und Schüler dazu ein, sich mit dem Konzept Familie auseinanderzusetzen: Ist Familie etwas Statisches oder ein wandelbares Beziehungsgefüge? Anhand der filmischen Darstellung ergeben sich Diskussionsanlässe über Care-Arbeit und ihre gesellschaftliche Unsichtbarkeit – nicht nur im Beruf der Erzieher. Im Vergleich zu gängigen Darstellungen von „schwierigen“ Kindern – insbesondere Jungen – bietet der Film Anlass zur Reflexion über kindliche Selbstbestimmung und gesellschaftliche Zuschreibungen. Die strukturelle Seite der Jugendhilfe mit ihren bürokratischen Hürden und Überforderungen kann kritisch hinterfragt werden. Filmanalytisch lohnt sich der Blick auf dokumentarische Mittel wie ruhige Kamera und eingesprochene Dienstberichte sowie den gezielten Einsatz filmischer Techniken, die an fiktionale Erzählweisen erinnern. Vertiefend können familiäre Krisenursachen oder der Umgang mit mit marginalisierten Kindern recherchiert werden.
