Inhalt
Leonie macht, was viele Mädchen in ihrem Alter tun: zur Schule gehen, Fußball spielen, sich schminken oder stolz die neuen Sneaker präsentieren. Eine normale 14-Jährige also. Könnte man denken. Soll man auch denken. Denn Authentizität ist der Schlüssel zum Erfolg, wenn man wie die Berlinerin als Influencerin auf Social-Media-Kanälen scheinbar beiläufig Produkte großer Marken in die Kamera hält und damit viel Geld verdient. Über eine Million Follower und Followerinnen versorgt die Berlinerin unter dem Namen „leoobalys“ auf Instagram, TikTok & Co ständig mit Bildern, Stories und Videos und gibt Einblicke in ihr vermeintlich echtes Leben. Eine, die ihr folgt, ist die 13-jährige Melanie aus Bad Tölz, für die Leonie „die Schönste, die Lustigste, die Coolste“ ist. Sie hat eine Fan-Page gegründet und verbringt bis zu 17 Stunden täglich am Handy. Ihr größter Wunsch ist es, ihr Idol persönlich zu treffen. Aber ist Leonies Leben wirklich so unbeschwert und begehrenswert, wie sie es ihren Fans präsentiert?
Umsetzung
„Es war einmal …“ – Als Märchen von einem Mädchen mit „einem schwarzen Spiegel“ rahmt eine Erzählerin aus dem Off Leonies Geschichte – ein Kunstgriff, mit dem die Dokumentarfilmerin Susanne Regina Meures (RAVING IRAN, 2016) einen Moment der Distanzierung ermöglicht. Vier Jahre lang hat sie die junge Influencerin begleitet. Die Kamera ist dabei, wenn Leonie für Beiträge posiert, Fans umarmt oder ihren Vater, der sie managt, annörgelt. Deutlich wird, wieviel Arbeit das Mädchen in die Illusion eines alltäglichen Teenagerlebens investiert. Der Druck, immer Content produzieren zu müssen, bestimmt Tagesablauf und Familienleben und führt zunehmend zu Stress. Das Geschehen wird von Leonie und ihren Eltern selbst erläutert, ein einordnender Kommentar fehlt. Nur Schrifttafeln liefern Hintergrundinformationen – allerdings ohne Quellenangaben. Leonie gegenübergestellt ist Melanie, die wie verliebt wirkt, wenn sie von ihrem Vorbild spricht, aber schließlich ihren eigenen Weg finden wird. Auffällig ist der wiederkehrende Einsatz sakraler Gesänge. Sie sollen, so die Regisseurin, das Publikum „mit der religiösen Qualität des Themas, mit der Sehnsucht nach Zugehörigkeit“ verbinden.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Was ist ein Influencer oder eine Influencerin? Was tun diese Leute un wie verdienen sie im Internet Geld? Das sind Fragen, die anhand von GIRL GANG bereits mit Lerngruppen ab der 7. Klasse geklärt werden können. Dabei geht es auch darum, wie Leonie sich und ihr Leben im Internet präsentiert und welche Informationen der Dokumentarfilm dazu liefert, u. a. auch zur Rolle der Eltern. Am Beispiel von Melanie kann analysiert werden, was Leonie ihren Fans bedeutet. Warum glauben ihre Follower und Followerinnen, Leonie wie eine Freundin zu kennen? Welche Folgen hat das? Schüler und Schülerinnen können dabei auch von eigenen Erfahrungen berichten, was Anlass sein kann, gemeinsam Regeln im Umgang mit sozialen Medien und Hate Speech zu erarbeiten. In älteren Jahrgangsstufen bietet sich eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Phänomen Influencer/Influencerin, Marketing und Konsum an, aber auch mit der Gattung Dokumentarfilm: Leonie agiert im Film vor ihrer eigenen Kamera, aber zugleich auch vor der Kamera der Dokumentarfilmerin. Was vermittelt GIRL GANG über die junge Influencerin? Was erfährt man nicht? Und welche Haltung nimmt die Regisseurin gegenüber ihrem gewählten Thema ein? Bilden Dokumentarfilme wirklich Realität ab und ist das überhaupt möglich?