Inhalt
Bei der Roten Kapelle handelte es sich um ein Widerstandsnetzwerk in Deutschland zur Zeit der NS-Diktatur. Zu diesem gehörte auch ein Spionagering, der in Paris und Brüssel operierte. Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit zentralen Akteuren des Netzwerks und deren medial verzerrtem Andenken. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges galten Mitglieder der Roten Kapelle zunächst als Verräter*innen, wurden denunziert und später politisch vereinnahmt – in der DDR als Repräsentanten der Sowjetunion, in der Bundesrepublik hingegen als kommunistisches Spionagenetzwerk diskreditiert .Diese Vereinnahmung wurde vorangetrieben durch zwei unterschiedliche Film- bzw. Fernsehproduktionen: Einerseits der deutsch-französische Fernsehmehrteiler „Die rote Kapelle“ von Franz Peter Wirth und andererseits der DEFA-Spielfilm „KLK an PTX – Die rote Kapelle“ von Horst E. Brandt. Ausschnitte aus diesen Produktionen, Interviews mit Hinterbliebenen und Historikern und historisches Bildmaterial liefern eine multiperspektivische Rekonstruktion der Aktivitäten der Roten Kapelle und ordnen zugleich die Film- bzw. Fernsehproduktion kritisch ein.
Umsetzung
Anders als die Widerstandsgruppen der Weißen Rose oder des Staufenberg-Kreises, sind die Aktivitäten der Roten Kapelle heute weit weniger bekannt, was auch mit der disparaten Struktur des Netzwerks zusammenhängt. Der Dokumentarfilm macht diese komplexe Verästelung über die Aufarbeitung von Einzelschicksalen, aber auch durch historische Rekonstruktionen zentraler Ereignisse des Zweiten Weltkriegs nachvollziehbar. In der Montage wurden dafür Interviews mit Hinterbliebenen und historisches Bild- und Filmmaterial miteinander verknüpft. Der Film ist aber nicht nur eine dokumentarische Rekonstruktion der Aktivitäten und Verdienste des Widerstandsnetzwerks, sondern setzt sich auch mit ihrer medialen und politischen Aufarbeitung auseinander. Deshalb werden die eigenen Recherchen mit Spielfilmsequenzen aus der bundesdeutschen Serie und dem DEFA-Film zur Roten Kapelle in Verbindung gesetzt. So entsteht ein schnell geschnittener Fluss unterschiedlicher Darstellungsformen, welcher einlädt, über filmische Erinnerungsarbeit nachzudenken.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Der Film weist eine hohe Informationsdichte und ein schnelles Erzähltempo auf. Die Filmsichtung muss deshalb gut vorbereitet werden. Nach einem Gespräch über Widerstandsgruppen im nationalsozialistischen Deutschland kann anhand des Films dann nachvollzogen werden, worin die Aktivitäten der Roten Kapelle sich von anderen Gruppen unterschieden. Die im Film portraitierten Einzelschicksale können anhand von Steckbriefen geordnet und in einen übergeordneten historischen Kontext gesetzt werden. Besonders eignet sich der Film für eine Reflexion filmischer Geschichtsaufbereitung. Hier kann der Unterschied zwischen fiktionaler Verdichtung und dokumentarischer Rekonstruktion diskutiert werden. Die in der Bundesrepublik ausgestrahlte Serie und der DEFA-Film arbeiteten mit starken Zuspitzungen. Welche Probleme resultieren daraus? Daran anschließend kann es noch um die politische Funktion von Filmen gehen. Auf welche Weise wurde das Andenken an die Rote Kapelle jeweils für propagandistische Zwecke missbraucht?