Inhalt
In der Jugend war es Juliane, die sich gegen die elterlichen Vorschriften und gesellschaftliche Konventionen des bürgerlichen Milieus der 1950er und 60er Jahre stellte: Sie will keine Röcke tragen und tanzt den Wiener Walzer lieber ohne Partner. Ihre Schwester Marianne spielt dann das brave Mädchen, klettert dem Vater auf den Schoß, um so die Strafen für die große Schwester zu mindern. Im Erwachsenenalter wechseln sich die Rollen. Jule kämpft als engagierte Journalistin einer kritischen Frauenzeitung zwar immer noch für Gleichberechtigung und eine bessere Gesellschaft, aber jetzt ist es Marianne, die ihre Rebellion radikalisiert: Sie verlässt Mann und Kleinkind, um sich dem bewaffneten politischen Untergrund anzuschließen. Auch nach ihrer Inhaftierung hält sie am Kampf gegen das herrschende System fest und versucht ihre Schwester auf ihre Seite zu ziehen. Dann stirbt Marianne unter mysteriösen Umständen im Gefängnis, was Jule in tiefe Verzweiflung stürzt und sie wahnhaft nach der Wahrheit hinter Mariannes Tod suchen lässt.
Umsetzung
Wie der Filmtitel ankündigt, ist die Geschichte geprägt von einer bleierner Grundstimmung: Von Beginn an sind die Farben gedeckt und die Rückblenden dunkel. Die Filmmusik ist schwermütig, langsam und voller tiefer Klangfarben. In der ersten Einstellung erfasst die Kamera mit viel Ruhe ein Arbeitszimmer, das in den Nahaufnahmen wie ein Gefängnis wirkt. Auch im weiteren Verlauf scheinen die Räume die Figuren spürbar einzuengen und zu beschränken. Margarethe von Trotta erzählt die fiktive Geschichte, die reale Bezüge auf den „Deutschen Herbst“ und die Beziehung zwischen RAF-Mitglied Gudrun Ensslin und ihrer Schwester Christiane aufweist, in Ellipsen, mit Rückblenden und vornehmlich aus der Sicht von Jule. Diese leidet unter der Beziehung zu Marianne, spürt aber auch ihre Verantwortung als große Schwester und kann nicht loslassen. Die Rückschau in die Vergangenheit schildert prägende Situationen aus ihrer gemeinsamen Kindheit und eröffnet Raum für Fragen zu ihrer unterschiedlichen politischen Entwicklung.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Der Film bietet sich an, um über die deutsche Geschichte der 1970er Jahre wie die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die Gesellschaft der BRD – oder auch über Erscheinungsweisen des politischen Widerstands – zu sprechen. Die Schüler*innen können historische Bezüge recherchieren und darüber diskutieren, warum sich die Regisseurin für eine fiktive und weibliche Perspektive entschieden hat. Des Weiteren lassen sich die narrativen Strategien des Films erarbeiten: Die Schüler*innen analysieren, mit welchen Mitteln der Film Jules Sichtweise umsetzt, welche Wirkung das elliptische Erzählen hat oder warum die Rückblenden unvermittelt und unmarkiert eingesetzt werden. Vertiefend drehen sie mit dem Tablet oder Handy eigene Kurzfilme, die eine Geschichte verkürzt, mit Ellipsen oder Rückblenden erzählen. Fächerübergreifend lassen sich die Rauminszenierung wie auch die Farbgestaltung untersuchen und ebenfalls in eigenen Filmen – z. B. mit Filtern – nachahmen.