Inhalt
Das Kino ist Samays große, verbotene Leidenschaft. Sein Vater, ein verarmter Brahmane, hält die flackernden Bilder für schmutzig. Doch seit er für einen religiösen Film eine Ausnahme machte, ist der in einem indischen Dorf aufwachsende Junge wie elektrisiert. Am liebsten würde Samay selbst Filme machen. Bis dahin stiehlt er sich so oft wie möglich in das einzige Lichtspielhaus der Gegend, um sich ganz dem Zauber der Leinwand hinzugeben. Zu seinem besten Freund wird bald der Filmvorführer Fazal, der ihn nicht nur – gegen das leckere Essen von Samays Mutter – umsonst Filme sehen lässt, sondern ihn auch in die technischen Geheimnisse des Mediums einweist. Der junge Cineast lernt, wie ein Filmprojektor funktioniert, und macht sich mit seinen Freunden und einfachsten Mitteln umgehend an den Nachbau. Sein unbekümmerter Diebstahl von Filmmaterial bringt ihn sogar in Konflikt mit der Polizei. Die größere Gefahr droht durch den unaufhaltsamen Fortschritt: Die Projektion in Fazals Kino wird digitalisiert. Samay muss neue Wege finden, um seine Zelluloidträume wahr zu machen.
Umsetzung
Der lebendig erzählte Film ist eine farbenprächtige Hommage an das analoge Kino vergangener Tage, und zugleich eine Einführung die Grundlagen der Filmtechnik. Jede Scherbe dient Samay zum Studium der Lichteffekte, aus einem abgedunkelten Zugabteil macht er ohne weiteres eine Camera Obscura. Einen Höhepunkt nach kleineren Fehlschlägen bildet eine Filmvorführung, bei der eine Nähmaschine zum Projektor wird und die Kinder den fehlenden Ton mit improvisierten Mitteln selbst einspielen. Regisseur Pan Nalin, sichtlich autobiografisch motiviert, feiert die Magie des Kinos in ausgeklügelten Montagesequenzen, liefert aber immer wieder auch fast dokumentarische Eindrücke vom ärmlichen Leben auf dem indischen Land: Samays Vater, eigentlich der höchsten Kaste zugehörig, bedient mit einer kleinen Teestation den nahegelegenen Bahnhof. Dem Sohn obliegt nach der Schule die Aufgabe, die vorbeifahrenden Zuggäste zu bewirten. Die Flucht in die Fantasiewelten des Kinos wird durch die soziale Situation zumindest begünstigt.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Mit Witz und Poesie verdeutlicht der Film die gesellschaftliche Bedeutung des Kinos als Ort der Utopie – aber auch als Produkt beeindruckender technischer Tricks. Wenn Samay mit großen Augen starke Männer und schöne Frauen auf der Leinwand bewundert, gibt dies zudem Gelegenheit, über dessen Vorbildwirkung nachzudenken. Auch über den digitalen Wandel kann im Unterricht diskutiert werden: Ist der Verlust der analogen Technik wirklich ein „Untergang“ der alten Filmkultur? Der Regisseur symbolisiert diesen in einer langen wortlosen Sequenz, in der Fazals uralter Filmprojektor verschrottet und das Zelluloid der Filmrollen zu bunten Plastikarmreifen umgeschmolzen wird. Ist Samays Enthusiasmus in einer digitalen Welt etwa nicht mehr denkbar? Oder geht es mehr um den von Streaming und Fernsehen bedrohten Wert des Kinos als Ort der sozialen Begegnung? In den höheren Klassen können auch die Hintergründe des indischen Kastenwesens und das Thema Kinderarbeit besprochen werden.