Inhalt
Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert, sagt ein Sprichwort. Und die junge Lehrerin Carla Nowak ist fest entschlossen, alles richtig zu machen. Erst seit kurzem unterrichtet sie eine 7. Klasse an einem Gymnasium in Mathematik und Sport. Ihren Schüler*innen begegnet sie dabei auf Augenhöhe und setzt in ihrem Umgang mit ihnen auf teambildende Maßnahmen statt auf konfrontative Autorität. Im Kollegium allerdings macht sie sich mit ihrem Eifer nicht beliebt. Noch ist Carla unberührt von der Desillusionierung und Frustration vieler Lehrerinnen und Lehrer, die schon länger dabei sind. Als es an der Schule zu Diebstählen kommt, stößt ihr Idealismus zum ersten Mal an Grenzen. Die junge Lehrerin ist empört, als ihre Kollegen zu grenzwertigen Mitteln greifen, um die verantwortliche Person zu erwischen. Doch wird sie wenig später aus einem Impuls heraus selbst einen äußerst fragwürdigen Schritt gehen, um die Sache aufzuklären. Die Beschuldigung, die sie ausspricht ist folgenschwer und zieht weite Kreise.
Umsetzung
DAS LEHRERZIMMER ist im Grunde ein Kammerspiel mit vielen Protagonist*innen. Der ganze Film ist sehr präzise inszeniert. Regisseur İlker Çatak ist jedoch nicht an einem klassischen Who-dunnit interessiert, die Schuldfrage lässt er bewusst in der Schwebe. Stattdessen beobachtet er die Dynamik einer Eskalation, die trotz der unbestreitbar guten Absichten aller Beteiligten nicht aufzuhalten ist. Carla Nowak ist mit einem moralischen Dilemma konfrontiert, dass sie durch ihr Handeln ausgelöst hat. Trotz des zunehmenden Drucks versucht sie integer zu bleiben und Verantwortung für ihre Schüler*innen zu übernehmen. Ihre zunehmende Beklemmung wird durch einen Score aus atonalen Streicherklängen unterstrichen. Die Kamera zeigt die Figuren meist in den engen, vom Herbstlicht nur spärlich erhellten Räumen der Schule. Besonders beeindrucken jedoch die herausragenden darstellerischen Leistungen sowohl des Ensembles als auch der Hauptrolle (Leonie Benesch).
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Der Film ist nicht nur in erster Linie eine Kritik am Schulwesen. Vielmehr ist Schule hier eine Chiffre für ein System, dem Menschen sich nur schwer entziehen können. Jeder und Jede hat eine genau abgesteckte Rolle zu spielen, der Raum für freie Interpretationen ist begrenzt. Eben darüber lässt sich mit Schüler*innen trefflich diskutieren: Wie bewerten sie die Handlungen der verschiedenen Figuren? Wer hätte in ihren Augen anders handeln können/sollen, um die Eskalation zu vermeiden? Diese konkreten, filmbezogenen Fragen laden zu einer weiter gefassten Debatte ein, welche Verhältnis zu ihren Lehrenden sich die Schüler*innen wünschen und was zu einem positiven Schulklima beiträgt. Darüber hinaus lässt sich analysieren, was eigentlich ein*n gute*n Schauspieler*in ausmacht: Mit welchen darstellerischen Mitteln erwecken sie eine Figur zum Leben?