Inhalt
Anschwellendes Grunzen dringt aus einem kleinen Stall. Die Sau Gunda gebärt in einem Kraftakt ein Dutzend Ferkel, die sofort um den besten Platz an ihren Zitzen ringen. Eines der Ferkel ist kränklich und kann sich kaum bewegen. Der experimentelle Dokumentarfilm von Victor Kossakovsky begleitet das Heranwachsen der Ferkel für einige Wochen. Wie entdecken sie die Welt? Und wie verhalten sie sich in der Gruppe? Neben Gunda und ihren Ferkeln zeigt der Film auch Hühner, die aus der Massentierhaltung gerettet worden sind, dabei, wie sie in Freilandhaltung entlassen werden und zögerlich ihre Umwelt erkunden. Zudem wird eine naturnah gehaltene Kuhherde bei ihren täglichen Abläufen gefilmt. Der Film spart dabei die Konkurrenzkämpfe und Härten nicht aus, zeigt aber hauptsächlich die Eigenheiten der einzelnen Tiere. So entstehen unweigerlich Identifikations- und Projektionsflächen, die dazu einladen Dramen des Alltags und kleine Heldenreisen zu erdenken.
Umsetzung
Die kontrastreichen Schwarzweißaufnahmen geben eine ungewöhnliche Perspektive auf die tierischen Protagonistinnen und Protagonisten und das Thema Bauernhof. Die verschiedenen Schauplätze des Films werden nicht weiter definiert und somit ikonisch für eine artgerechte Tierhaltung. In den Credits ist notiert, dass es sich um Gnadenhöfe und Bio-Bauern an unterschiedlichen Standorten in Europa handelt. Die Menschen, die diese Projekte vorantreiben, bekommen jedoch keinen Raum in Kossakovskys Filmstudie. Der Fokus liegt ganz eng auf dem Leben und der Erfahrungswelt der Tiere. Kossakovsky verwendet aufwändige Kamerafahrten und ein ausgeklügeltes Sound Design, um das Publikum an diesen Mikrokosmos heranzuführen. Die Lautstärke ist dabei ein wichtiger Faktor, um die Emotionen zu leiten. Alle filmische Mittel und die Dramaturgie zielen darauf ab, dass das Publikum jedes Tier als ein schützenswertes Individuum erlebt.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Ohne Dialoge und Off-Kommentar gelingt es dem Film, eine hochemotionale Geschichte zu erzählen und unterschiedliche Figuren zu zeichnen. Dies ist ein guter Ausgangspunkt, um die Lerngruppe an erzählerische Konventionen und ihre filmische Umsetzung in Einstellungsabfolgen heranzuführen. Die erste Szene des Films, in der Gunda die Ferkel zur Welt bringt, eignet sich vertiefend dazu, das Drei-Akt-Schema anhand einer Szene zu verdeutlichen. Wie werden Figuren eingeführt und wann erlebt das Publikum eine Wandlung des Charakters? In der Grundschule sollten die Schülerinnen und Schüler, darauf vorbereitet werden, dass Gunda ein krankes Ferkel tötet. Zur Entlastung kann im Vorfeld dieses natürliche Verhalten erklärt und eingeordnet werden. Der Film liefert wegen seiner starken Haltung gutes Anschauungsmaterial, um sowohl in der Grundschule über Tierhaltung und Ernährung zu sprechen als auch in der weiterführenden Schule über Tierrechtsfragen zu diskutieren. Gleichzeitig kann über die Vielfalt der filmischen Mittel, das zu erreichen, gesprochen werden.