Inhalt
Jörg Meyer hat schon zu DDR-Zeiten im Atomkraftwerk Greifswald gearbeitet. Nun wickeln der Nuklearingenieur und hunderte Kolleginnen und Kollegen die Anlage mit wissenschaftlicher Gründlichkeit ab – und zwar seit 1995. Das Werk in Greifswald ist ein anschauliches Beispiel für die ökologischen und ökonomischen Dimensionen der Kernenergie: 16 Jahre Betrieb und effiziente Stromversorgung, aber der Abbau des Werks wird etwa 33 Jahre dauern und 5,6 Milliarden Euro kosten. Kurz vor dem Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland im Jahr 2022 beleuchtet der Dokumentarfilm ATOMKRAFT FOREVER wesentliche Facetten des Themas: die ökonomische Bedeutung der Atomkraft, die ungeklärte Frage der Endlagerung des radioaktiven Mülls, die Herausforderungen für die grüne Stromversorgung der Zukunft sowie die gegenläufige Politik in einem Land wie Frankreich, das ungebrochen auf nukleare Energiegewinnung setzt.
Umsetzung
Der sloganartige Titel ist nicht als Forderung, sondern als faktische Einordnung zu verstehen: Die in der Globalgeschichte vergleichsweise kurze Nuklear-Ära wird nahezu ewige Folgen für Umwelt und Menschheit haben. ATOMKRAFT FOREVER ist episodisch gegliedert und zeigt unterschiedliche Perspektiven auf: Nach dem Auftakt in Greifswald spricht Regisseur Carsten Rau mit Menschen aus dem bayrischen Gundremmingen, die das bevorstehende Ende des dortigen, noch aktiven AKWs mit Wehmut sehen. In den Episoden zur Netzführungszentrale Brauweiler und zur Atomenergieforschung in Frankreich geht es um Makroperspektiven der Stromversorgung. Die Positionen der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und des Anti-Atomkraft-Aktivisten Jochen Stay wiederum erinnern daran, dass auch nach dem Atomausstieg eine ungelöste Mammutaufgabe wartet. Formal kombiniert Rau Reportage-Szenen und Interviews, gelegentlich auch illustratives Archivmaterial, etwa Clips der Atomkraft-Propaganda aus dem Kalten Krieg. Als wesentliches Stilmittel prägen Texttafeln mit Statistiken die kritische Grundhaltung des Films zur Nuklearenergie.
Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit
Mit seinem hohen Informationsgehalt und seiner multiperspektivischen Darstellung eignet sich ATOMKRAFT FOREVER gut für den Unterricht zum Thema Ausstieg aus der Atomenergie. Da der Film Wissen über die historisch bedeutsamen Nuklearkraftunfälle voraussetzt, etwa in Tschernobyl oder Fukushima, wäre eine Einführung dazu sinnvoll. Schon vor der Sichtung können Gruppen eingeteilt werden, die jeweils das Augenmerk auf eine der dargestellten Perspektiven werfen: Welche Argumente für oder gegen den zeitnahen Atomausstieg gibt es? Was bedeuten die Kosten und Gefahren der radioaktiv kontaminierten Abfälle für künftige Generationen? Dabei kann auch über den Film hinaus recherchiert werden, zum Beispiel zur Endlager-Debatte in Frankreich. Die Positionen sollten vorgestellt und anschließend im Plenum diskutiert werden. Stil und Tonfall des Films sind sachlich, bieten aber gerade deshalb Anlass zur genauen formalen Analyse. Inwiefern fügen sich Dramaturgie und Montage von ATOMKRAFT FOREVER zu einer Argumentationslinie? Welche politische Haltung nimmt der Film selbst zur Atomkraft ein?